Last-minute Selbstbewusstsein – 3 erprobte Strategien

Als Schauspielerin bin ich selbstbewusst, was meine Auftritte angeht. Doch ich mache diesen Job seit 30 Jahren. Natürlich war ich nicht immer gleichbleibend selbstbewusst. Die Lebensumstände ändern sich, die Aufgaben, Rollen und das Spielalter ändern sich, und die eigenen Gefühle hinken manchmal hinterher. Zum Glück gibt es ein paar einfache Ansätze, die uns auf die Schnelle stärken und helfen, unseren Auftritt überzeugend zu gestalten.

Selbstbewusstsein kann man lernen. Häufig gibt es eine Menge Bereiche, in denen wir ohnehin schon selbstbewusst sind. Wir sind vielleicht in unserer Familie selbstbewusst, in der täglichen Arbeit, im Sport. Und dann wollen wir uns verändern, etwas Neues wagen und wir haben „ja“ gesagt: zur Keynote, dem Vortrag oder der Dankesrede auf der Schulfeier – und plötzlich schwindet das Selbstbewusstsein. Sich mit sich selbst, den eigenen Ängsten, Glaubenssätzen und Zweifeln zu beschäftigen, ist eine lohnenswerte Sache. Doch jetzt steht der Rede-Termin vor der Tür. Nun brauchen wir eine kurze, knackige Strategie.

Mit längerfristigen Veränderungen können wir uns dann ab morgen befassen. Jetzt gilt es, effektiv das Selbstbewusstsein für die nächsten 30, 60 oder 90 Minuten zu stärken. Los geht´s!

Strategie 1 – Deine Gedanken – ermutige dich!

In unserem Gehirn laufen ständig Selbstgespräche ab. Häufig reden wir nicht sehr freundlich mit uns selbst. Stichwort „negativer Selftalk“. Höre dir ein paar Minuten selbst zu. Wie denkst du über dich und deinen bevorstehenden Auftritt? Sprichst du dir gut zu oder malst du den Teufel an die Wand? Glaubst du an dich oder sagst du dir: Du wirst es wieder vergeigen – so, wie immer?

Manchmal fällt es uns schwer, solche negativen Gedanken abzuschalten. Wenn es dir so geht, erlaube dir, diese Gedanken zu haben – aber erst NACH dem Vortrag. Verordne ihnen eine Pause. Jetzt sind sie nicht dran. Morgen wirst du dich mit ihnen und ihrer vermeintlich berechtigten Kritik auseinander setzen. Heute nicht. Heute machst du stattdessen folgende Übung:

Stell dir jemanden vor, den du liebst. Dein Kind, deine beste Freundin, dein*e Partner*in. Wenn sie in deiner Situation wären, was würdest du ihnen sagen?

Richte diese liebevollen und zuversichtlichen Worte an dich selbst: „Toll, was du alles geschafft hast!“, „Vor einem Jahr wäre es undenkbar gewesen, dass du hier eine Keynote hältst! Was für ein Erfolg!“, „Ich freu mich auf deinen Vortrag, das wird super!“

Nimm diese positive Einstellung mit auf die Bühne. Du kannst sogar während du die letzten Schritte gehst, nochmal innerlich „Yay!“ oder etwas ähnliches denken. So bringst du dich in eine selbstbewusste Stimmung, die dir auch über eine Technikpanne, einen Versprecher oder sonstige Dinge, die immer passieren können, hinweg helfen wird.

Strategie 2 – Dein Körper – nimm das Ruder in die Hand!

Studien zeigen schon seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass Körper und Geist eng miteinander verwoben sind und sich gegenseitig beeinflussen. Wir alle kennen das unangenehme Gefühl, wenn wir Angst haben und der Körper sich klein und eng macht in der Hoffnung, vom Säbelzahntiger oder dem strengen Lateinlehrer übersehen zu werden.

Genau das passiert bei Lampenfieber und Auftrittsangst. Der Geist meldet dem Körper: Gefahr! Und der Körper reagiert unmittelbar. Er macht sich klein, alles zieht sich zusammen, vielleicht formen wir uns zu einer Kugel mit vorgezogenen Schultern und einem gekrümmten Rücken. Der Blick geht zum Boden. Die Atmung wird flach und die Stimme piepsig. All diese Effekte sind für unseren Vortrag, die Keynote, die Rede oder Präsentation nicht sinnvoll.

Doch diese Medaille hat zwei Seiten und wir können den Spieß auch umdrehen. Indem wir dem Körper vermitteln: Du bist in Sicherheit. Hier wird nichts (Lebensgefährliches) passieren. Du darfst dich wohlfühlen. Das erreichen wir, wenn wir dem Körper erlauben, Raum einzunehmen. Sich auszubreiten.

Mach dazu folgende Übung (etwa 1 Minute): Schließe für einen Moment die Augen und registriere, wie dein Körpergefühl gerade jetzt in diesem Moment ist. Versuche, dir dieses Gefühl zu merken. Öffne die Augen. Jetzt strecke, recke und dehne dich in alle Richtungen. Nach rechts, nach links, nach oben, nach unten. Nimm soviel Raum mit deinem Körper ein, wie du kannst. Als wolltest du alle Ecken des Raumes und die Decke und den Fußboden nacheinander berühren. Nach etwa einer Minute schließe noch einmal die Augen. Wie fühlst du dich jetzt? Vergleiche das jetzige Gefühl mit dem vorherigen.

Spürst du den Unterschied? Die kleine Freude, die dein Körper an der Bewegung hatte? Die Wärme, die er produziert hat? Die Aktivität, die dem Körper ermöglicht, sich unterstützend an deinem Auftritt zu beteiligen? Etwas mehr Wachheit?

Mit dieser Übung hast du deinem Körper vermittelt: Alles okay. Hier passiert nichts. Ich darf Raum einnehmen, ich darf sichtbar und hörbar werden. Und ich freue mich darauf!

Nimm dieses Körpergefühl mit auf die Bühne!

Strategie 3 – Das Publikum – suche die freundlichen Blicke!

Viele meiner Coaching-Teilnehmer*innen beschreiben, dass die Blicke aus dem Publikum sie verunsichern. Und ja, es gibt Menschen, die uns völlig unbewegt zuhören, vielleicht sogar die Stirn in Falten legen und geradezu grimmig blicken. Mein wichtigstes Learning aus 30 Jahren vor Publikum ist: Das hat nichts zu sagen! Manche Menschen können sich so besser konzentrieren, manche merken es nicht mal und manche sind gedanklich vielleicht noch mit einem schwerwiegenden Problem befasst. Lass dich nicht aus dem Konzept bringen und schaue aktiv nach einem oder mehreren freundlichen Gesichtern. Nutze sie als Anker, zu dem du immer wieder zurückkehren und dir einen kleinen Zuversichts-Boost holen kannst. Sobald du dich sicherer fühlst, beziehe wieder das gesamte Publikum mit ein. Ein Publikum, das sich angesprochen fühlt, wird dir nach und nach ebenfalls Zuversicht vermitteln. Und wenn nicht, dann kehrst du wieder zu den freundlichen Anker-Gesichtern zurück, lächelst sie an und machst weiter. Du glaubst nicht, wieviele „grimmige“ Zuhörer*innen nach Lesungen zu mir gekommen sind und mir ihre Begeisterung ausgedrückt haben! Bei dir wird es bestimmt genauso sein!

Ich wünsche dir Spaß, Erfolg und ganz viel Selbstbewusstsein!