Als Schauspielerin bin ich selbstbewusst, was meine Auftritte angeht. Doch ich mache diesen Job seit 30 Jahren. Natürlich bin ich nicht immer gleich selbstbewusst. Die Lebensumstände ändern sich, die Rollen und das Spielalter ändern sich, und die eigenen Gefühle hinken manchmal hinterher. Zum Glück gibt es ein paar einfache Ansätze, die uns auf die Schnelle stärken und helfen, unseren Auftritt überzeugend zu gestalten.
Selbstbewusstsein kann man lernen. Häufig gibt es eine Menge Bereiche, in denen wir ohnehin schon selbstbewusst sind. Wir sind vielleicht in unserer Familie selbstbewusst, in der täglichen Arbeit, im Sport. Und dann wollen wir uns verändern, etwas Neues wagen und wir haben „ja“ gesagt: zur Keynote, dem Vortrag oder der Dankesrede auf der Schulfeier – und plötzlich schwindet das Selbstbewusstsein. Sich mit sich selbst, den eigenen Ängsten, Glaubenssätzen und Zweifeln zu beschäftigen, ist eine lohnenswerte Sache. Doch jetzt steht der Rede-Termin vor der Tür. Nun brauchen wir eine kurze, knackige Strategie.
Mit längerfristigen Veränderungen können wir uns dann ab morgen befassen. Jetzt gilt es, effektiv das Selbstbewusstsein für die nächsten 30, 60 oder 90 Minuten zu stärken. Los geht´s!
Strategie 1 – Das Publikum – suche die freundlichen Blicke!
Viele meiner Coaching-Teilnehmer*innen beschreiben, dass die Blicke aus dem Publikum sie verunsichern. Und ja, es gibt Menschen, die uns völlig unbewegt zuhören, vielleicht sogar die Stirn in Falten legen und geradezu grimmig blicken. Mein wichtigstes Learning aus 30 Jahren vor Publikum ist: Das hat nichts zu sagen! Manche Menschen können sich so besser konzentrieren, manche merken es nicht mal und manche sind gedanklich vielleicht noch mit einem schwerwiegenden Problem befasst. Lass dich nicht aus dem Konzept bringen und schaue aktiv nach einem oder mehreren freundlichen Gesichtern. Nutze sie als Anker, zu dem du immer wieder zurückkehren und dir einen kleinen Zuversichts-Boost holen kannst. Sobald du dich etwas sicherer fühlst, beziehe wieder das gesamte Publikum mit ein. Ein Publikum, das sich angesprochen fühlt, wird dir nach und nach ebenfalls Zuversicht vermitteln. Und wenn nicht, dann kehrst du wieder zu den freundlichen Anker-Gesichtern zurück, lächelst sie an und machst weiter. Du glaubst nicht, wieviele grimmige Zuhörer*innen nach Lesungen zu mir gekommen sind und mir ihre Begeisterung ausgedrückt haben! Bei dir wird es bestimmt genauso sein!
Strategie 2 – Deine Gedanken – ermutige dich!
In unserem Gehirn laufen ständig Selbstgespräche ab. Häufig reden wir nicht sehr freundlich mit uns selbst. Stichwort „negativer Selftalk“. Höre dir ein paar Minuten selbst zu. Wie denkst du über dich und deinen bevorstehenden Auftritt? Sprichst du dir gut zu oder malst du den Teufel an die Wand? Glaubst du an dich oder sagst du dir: Du wirst es wieder vergeigen – so, wie immer? Schließe einen Moment die Augen und stell dir jemanden vor, den du liebst. Dein Kind, deine beste Freundin, dein*e Partner*in. Wenn sie in deiner Situation wären, was würdest du ihnen sagen?
Richte diese Worte an dich selbst: „Toll, was du alles geschafft hast!“, „Vor einem Jahr wäre es undenkbar gewesen, dass du hier reden sollst!“, „Ich freu mich auf deinen Vortrag, das wird super!“
Strategie 3 – Dein Körper – nimm das Ruder in die Hand!
Studien zeigen schon seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass Körper und Geist eng miteinander verwoben sind und sich gegenseitig stark beeinflussen. Wir alle kennen das unangenehme Gefühl, wenn wir Angst haben und der Körper sich klein und eng macht in der Hoffnung, vom Säbelzahntiger oder dem strengen Lateinlehrer übersehen zu werden. Schließe für einen Moment die Augen und gehe in dieses ängstliche, unangenehme Gefühl. Erinnere dich an eine peinliche Situation oder so etwas wie mit dem Lateinlehrer. Was nimmst du wahr? Fällt dir auf, wie sich alles zusammenzieht? Wie der Körper bestrebt ist, möglichst wenig Raum einzunehmen? Merke dir dieses Gefühl.
Wie schon oben gesagt, hat diese Medaille zwei Seiten. Der Geist denkt sich: „Oh je, hoffentlich sieht mich keiner“ und der Körper reagiert mit eben jenen Gefühlen, die du bei der Übung wahrgenommen hast. Was passiert jetzt, wenn wir den Spieß umdrehen? Schließe noch einmal die Augen und strecke, recke und dehne dich in alle Richtungen. Nimm soviel Raum ein mit deinem Körper wie du kannst. Öffne die Augen. Wie fühlst du dich jetzt? Vergleiche das jetzige Gefühl mit dem davor. Mit der Übung hast du deinem Körper vermittelt: Alles okay. Hier passiert uns nichts. Wir dürfen uns Raum nehmen.
Nimm dieses Körpergefühl mit auf die Bühne!
Ich wünsche dir Spaß, Erfolg und ganz viel Selbstbewusstsein!