Was ist Bauchatmung?

Die Bauchatmung wird häufig im Zusammenhang mit dem Reden vor Publikum erwähnt. Schauspieler*innen, Sänger*innen und auch Sprecher*innen vor dem Mikrofon nutzen sie. Auch beim Yoga gibt es Übungen, die die Bauchatmung einsetzen, der „Feueratem“ ist ein gutes Beispiel dafür.

Im Gegensatz zur Brustatmung, die eher im oberen Bereich des Brustkorbes wahrgenommen wird, findet die Bauchatmung im Bereich des Zwerchfells statt und wird daher auch Zwerchfellatmung genannt.

Was passiert beim Atmen?

Das Zwerchfell befindet sich unterhalb der Rippen. Du kannst es dir vorstellen wie ein feines Tuch aus Muskeln, das den Brustkorb zum Bauch hin verschließt. Wenn wir einatmen, zieht sich das Zwerchfell in Richtung Bauch zusammen, der Brustraum weitet sich und die Lungen füllen sich mit Luft. Im Bauch fehlt dadurch Platz, deswegen weichen die Organe aus und der Bauch wölbt sich nach außen. Die Stimmbildnerin Kristin Linklater beschreibt diesen Vorgang als ein „Nachvornerollen der Organe“.

Beim Ausatmen entweicht die Luft, die Lungen fallen in sich zusammen, das Muskeltuch Zwerchfell hat wieder Raum und entspannt sich in Richtung der Lungen, die Organe „rollen“ wieder in den Bauch zurück, der Bauch wird flach.

Brust raus, Bauch rein?

Das bedeutet: Beim Einatmen weitet sich der Bauch wie ein Ballon, der sich mit Luft füllt, beim Ausatmen wird er flach. Dafür ist es gut, wenn die Bauchdecke locker und weich ist. Der Spruch „Brust raus, Bauch rein“ ist also kontraproduktiv, wenn wir gut atmen wollen. Es sollte lieber heißen „Brust raus, Bauch rein – oh nein!“. Du kannst es gleich mal ausprobieren: spanne deine Bauchdecke an und versuche, entspannt zu atmen. Funktioniert nicht sehr gut, oder?

Die umgekehrte Atmung

In meinen Workshops mache ich oft Umfragen, wenn wir uns der Atmung zuwenden. Es hat sich herausgestellt, dass regelmäßig 30-40% der Teilnehmenden die Atembewegung genau andersherum wahrnehmen: bei ihnen wird der Bauch beim Einatmen flach, beim Ausatmen weitet er sich.

Wenn wir uns die oben beschriebenen biologischen Abläufe vergegenwärtigen, wird deutlich, dass dieses „falschherum“ atmen nicht sinnvoll sein kann.

Wie es dazu kommt, ist schwer zu sagen. Sicher ist, das wir als Säuglinge alle wunderbar in den Bauch atmen. Irgendwann hören wir dann vielleicht besagten Spruch von wegen „Bauch rein“, oder wir finden uns zu dick und wollen die Silhouette verschönern. Es können aber auch ganz andere Faktoren sein. Die Atmung ist feinfühlig. Sobald wir gestresst sind, aufgeregt, erregt, erfreut, ängstlich – immer ist der Atem unterschiedlich, nie aber unberührt von diesen Zuständen.

Lerne deine Atmung kennen

Beobachte deine Atmung in einer entspannten Situation. Lege dich am besten ohne Ablenkung von Handy oder Radio auf den Rücken. Am besten funktioniert das auf einem harten Untergrund, auf der Yogamatte, auf dem Boden, auf einem Teppich. Gib der Atmung etwas Zeit. Normalerweise steht sie nicht unter Beobachtung und sie reagiert sensibel auf Veränderungen. Nach etwa einer Minute beginne damit, die Atembewegung wahrzunehmen. Wo spürst du etwas? Was bewegt sich? Was scheint unbeteiligt? Spüre nacheinander in die Schultern, den Brustkorb, die Schulterblätter, die Rippen, die Flanken und den Bauch. Versuche, dich ganz der Atmung zu überlassen und nicht „mitzuhelfen“, auch wenn du z. B. feststellst, dass der Bauch sich nicht bewegt. Wenn du dir Zeit nimmst und diese Übung regelmäßig wiederholst, wird die Atmung zu ihrer ursprünglichen Form zurückfinden.